Alles was man so tut …

2016 – Auf dem Weg zum Nordkap

Es ist März 2016 und wir fangen schon mal an, unsere Route durch Norwegen zu planen. Warum so früh? Weil die Planung der Routen schon ein bisschen Urlaubsfeeling gibt und dann ist das Warten auf den Beginn der Motorradsaison nicht mehr ganz so lang. Den Urlaubszeitraum mussten wir bereits im Januar festlegen und im Februar sind auch schon die Fahrpläne für die Fähren im Netz. Was sollte uns also hindern, schon anzufangen? Im Januar haben Micha und ich schon die Fährtickets für zwei Motorräder von Hirtshals nach Langesund gebucht. Der erste Schritt ist gemacht.

Und hier nun endlich unsere gesamte gefahrene Strecke in der Übersicht:

Die Karte im Grossformat

Freitag, 24.Juni: Endlich geht es los
Die Taschen sind schon mal probegepackt, hurra, es passt alles hinein, was wir unbedingt mitnehmen müssen. Für heute waren bis 34 Grad angesagt. Noch vor 7 Uhr war ich auf Arbeit und musste bis Mittag arbeiten. Um 13 Uhr waren Micha und ich dann startklar, beide Maschinen beladen, führte uns unsere Route über Meissen, Wurzen, Eilenburg, Dessau, Zerbst nach Magdeburg. Schon nach einer Stunde lief mir der Schweiß in Strömen, auf den Landstraßen waren wir bei 36,5 Grad einfach zu langsam. Es gab keine Kühlung. Da war die Rast in der klimatisierten ARAL-Tankstelle in Bad Düben einfach nur eine Wohltat. Bei dieser Klimalage blieb mir einfach nichts weiter übrig, als die Motorradjacke auszuziehen, hinten aufs Gepäck zu schnallen und nur in Unterhemd zu fahren. Das Risiko musste ich eingehen. Endlich fühlte ich mich wieder besser, den Unwägbarkeiten auf der Landstraße gewachsen. Gegen 18 Uhr kamen wir wie geplant bei Reiner und Marita in Magdeburg an. Klar, als erstes war eine Dusche fällig, dann gab es Abendessen und den Rest des Abends haben wir zusammen gesessen und über Gott und die Welt geschwatzt, bis uns die Augen zufielen. Am heutigen tag sind wir also 230 km unterwegs gewesen bei Sonnenschein und richtig heißen Temperaturen.

Samstag, 25.Juni : Unterwegs bis Hamburg
Gestern Nacht habe ich richtig gut geschlafen, denn es war nicht mehr so heiß. Nach einen wunderbaren Frühstück bei Reiner und Marita machten wir uns gleich auf den Weg nach Hamburg zu Julia und Patrick. Hier sollte die zweite Station unserer Anfahrt nach Norwegen sein. Aus Magdeburg raus über die B1 ging es zügig, auch danach waren die Straßen in super Zustand. In der Region um Morsleben muss es letzte Nacht heftig gestürmt haben. Hier lagen unheimlich viele abgebrochene Äste und entwurzelte Bäume auf der Straße, teilweise waren sie von fleißigen Helfern bereits beiseite geräumt. Nur gut, dass der Sturm nicht gerade wütete, als wir in der Gegend unterwegs waren. Wie verabredet, kamen wir gegen halb eins bei Petra und Detlef in Bad Bodenteich an, einem schmucken Ort mitten in Niedersachsen. Hier gönnten wir uns Zeit für eine Pizza und Kaffee, schauten uns Petras neue Heimstatt an und rüsteten halb drei erneut nach Norden. Kaum waren wir 2 km gefahren, ging das Unwetter los. Es regnete in Strömen, als hätte der Himmel alle seine Schleusentore geöffnet. Blitz und Donner ließen nicht lange auf sich warten, durch unsere Visiere war die Straße kaum zu erkennen. Uns blieb nichts anderes übrig, wir mussten anhalten. Als Micha ein Buswartehäuschen sah, war das unsere Gelegenheit. Schnell die Mopeds abgestellt und rein ins Häuschen, hier konnten wir die nächsten 15 Minuten abwarten, bis das Schlimmste vorüber war. Bis Lüneburg kämpften wir  uns durch den strömenden Regen, dann hörte es auf, die Sonne kam raus und die letzte Stunde fuhren wir zügig nach Hamburg rein. Julia und Patrick warteten schon auf uns und hatten einen Tisch im persischen Restaurant bestellt. Das war genau das Richtige. Duschen und dann lecker Essen gehen.

Sonntag, 26.Juni : An der dänischen Westküste entlang
Nun hatte ich diesen Blog am Sonntagabend schon fertig formuliert, beim Hochladen ist dann das WLAN vom Campingplatz ausgefallen, deshalb will ich es heute in Kürze nochmal nachholen. Nachdem Julia und Patrick uns ein fürstliches Frühstück bereitet hatten, waren wir zu allen Schandtaten bereit. Wir verließen Hamburg bei schönstem Sonnenschein auf der A23 und fuhren dann immer an der Westküste nordwärts. Unser Ziel war der Campingplatz Nørre Lyngvig Camping in Dänemark, ungefähr auf halber Strecke nach Hirtshals. Ich muss zugeben, es ist durchaus gewöhnungsbedürftig, sich immer an die Geschwindigkeitsbeschränkungen zu halten, muss aber sein, sonst wird es schnell teuer. Dafür habe ich beim Fahren mit 80kmh auf den Landstraßen die Gelegenheit, die schönsten Dünenlandschaften in Dänemark zu bewundern. Als wir gegen 17 Uhr auf dem Campingplatz eingecheckt hatten, haben wir nur das Zelt schnell aufgebaut und sind dann an den Strand gelaufen, der gleich hinter den Dünen am Campingplatz lag. Ein wunderbarer Sonnenuntergang kündigte sich an. Aber wir wollten auch noch etwas zum Abendbrot besorgen und da hatte, ihr werdet es kaum glauben, der Aldi im Nachbarort an einem Sonntag bis 21 Uhr geöffnet. Später wurde es dann windig und im Nachhinein kann ich euch sagen, der Sturm wütete die ganze Nacht. Micha ging zwischendurch mal ums Zelt die Leinen neu spannen, sonst wären wir Gefahr gelaufen, dass der Sturm es auf uns draufgedrückt hätte. Naja, am Sonntag sind wir 345km gefahren bei sehr schönem Wetter, Sonne und ca. 20 Grad. Eben richtiges Motorradwetter.

Montag, 27.Juni : Auf Sand gebaut
Da uns der Sturm die ganze Nacht in Atem hielt, schauten wir uns gegen 7 Uhr in der Frühe an und beschlossen, gleich aufzustehen und unsere Sachen zu packen, um vor dem angekündigten Regen alles auf den Motorrädern verstaut zu haben. Danach fuhren wir mit den gepackten Motorrädern zu den Campingküchen und bereiteten dort unser Frühstück. Leckeres Rührei mit frischen Brötchen und Kaffee türkisch. 9:30 Uhr waren wir abfahrbereit nach Hirtshals, in unsere Regenklamotten eingehüllt ob der Wettervorhersage. Und so kam es dann auch, Regenschauer wechselten sich mit trockenen Phasen ab, die letzte Stunde fuhren wir in strömendem Regen. Zwischendurch hielten wir an einem Ausblick auf die Modelle eines Sandskulpturenfestivals. Heute Abend erwartete uns auf dem Tornby Strand Campingplatz in Hirtshals ein vorher reserviertes Zimmer. Mal kein Zelt aufbauen, auch sehr schön aber in unseren Augen notwendig, da die Fähre nach Långesund morgen früh um 9 Uhr ablegt. Heute sind wir 260 km gefahren bei eher unerwünschten Wetter. Ab morgen soll es dann besser werden.

Dienstag, 28. Juni : Mit der Fähre nach Langesund
Es ist 05:15 Uhr und Micha steht schon auf! Dabei legt die Fähre doch erst um 9 Uhr ab und der Checkin beginnt 8 Uhr. Er kann nicht mehr schlafen, wie immer, wenn wir einen wichtigen Termin nicht verpassen dürfen. Frühstücken wollen wir heute auf der Fähre, deshalb brauchen wir nur schnell alle Sachen zusammenpacken und den Zimmerschlüssel in den Kasten werfen, bezahlt haben wir gestern schon. Gestern Abend haben wir uns noch eine Pizza geteilt und unser Bier am überdachten Sitzplatz vor dem Zimmer getrunken, als zwei Hamburger mit ihren Enduros neben uns Quartier bezogen. Micha kam auch gleich ins Gespräch mit ihnen. Sie wollen nach Island, mitten ins Hochland, sehr abenteuerlich. Als wir zum Fährhafen aufbrachen, haben wir ihnen noch viel Glück gewünscht.

Die Fährüberfahrt war unspektakulär, weil wir viel zu früh da waren, mussten wir noch über eine Stunde warten. Die Einfahrt in Langesund war grandios, Sonnenschein, links und rechts schmiegen sich die typischen kleinen Holzhäuser an den Hängen, diese Landschaft, wie ich sie liebe. Nach der Abfahrt von der Fähre haben wir kurz einen Abstecher ins Örtchen gemacht, dann sind wir schnurstracks unserer Route gefolgt, die uns Richtung Notodden zur Stabkirche in Heddal führte. Faszinierend, diese schmucken kleinen Holzkirchen. Davon werden wir auf unserer Reise sicher noch einige anschauen. Von Heddal fuhren wir noch 70 km nordwärts am westlichen Ufer des Tinnsjö. Dort haben wir heute unser Zelt aufgeschlagen.

Mittwoch, 29.Juni : Über das Aurlandsfjell
Die Sonne tat heute morgen ein gutes Werk und weckte uns mit ihren Strahlen. In Ruhe frühstückten wir und packten und um 10 Uhr fuhren wir heute los Richtung Norden. Zuerst überquerten wir den Pass am Gavlen zwischen Skålbo und Bjørkeflåta. Weiter auf der 40 über Geilo und Hol, dort auf die 50 nach Aurland. Auf dieser Strecke durchfahren wir 12 Tunnel, manche sehr kurz, manche mehrere Kilometer lang, mal gut beleuchtet, mal im stockfinsteren. Auf der gesamten Strecke gab es faszinierende Naturpanoramen zu sehen, gigantische Wasserfälle, schneebedeckte Hochebenen, klare Bergseen. Der Weg über die Geiterygghytta war leider noch gesperrt, deshalb mussten wir doch durch den Tunnel, obwohl wir eigentlich über den Pass wollten. Hinter Aurland sind wir nicht in den Lærdalstunnel gefahren, sondern über das Aurlandsfjellet auf der alten Verbindungsstraße nach Lærdalsøyri. Oben am Aussichtspunkt über das gesamte Panorama kamen wir mit Ella und Torsten aus Hannover ins Gespräch, die beide auf der gleichen Route unterwegs waren wir. Wir unterhielten uns kurz, gaben ein paar Tipps und machten uns wieder auf den Weg, nun als Ziel auf der E16 zur alten Borgund Stavkirka. Hier trafen wir etwas später Ella und Torsten wieder, die unserem Tipp gefolgt waren. Inzwischen war es auch schon 18 Uhr und Zeit, nach einer Unterkunft Ausschau zu halten. Gemeinsam fuhren wir das nächste Hyttecenter in Steinklepp an und mit meinem Verhandlungsgeschick bekamen wir zu viert eine Hütte mit zwei Schlafräumen für 800 NOK. Sachen abladen, duschen, zu Abend essen, auf der Veranda sitzen und noch ein Stündchen schwatzen, so verging der Abend viel zu schnell. Schön, dass ich mich mit meinen einfachen Schwedisch-Kenntnissen in Norwegen auch verständigen kann, heute hat es zumindest geklappt.

Donnerstag, 30.Juni : Den Trollen aufs Dach gestiegen
Wie erwartet, regnete es, als wir uns heute morgen von Ella und Torsten verabschiedeten, aber nicht, ohne vorher unsere Kontaktdaten auszutauschen. Voll in unsere Regenklamotten warm eingepackt, mussten wir zu Beginn mehrere Kilometer durch eine Baustelle fahren, danach waren unsere Maschinen ja sowas von eingedreckt, den spülte auch der starke Regen, der unsere Fahrt über das Gruvefjell begleitete, nicht weg. Hier sind wir zwischen Schneefeldern in Regen und Nebel bei +4Grad unterwegs auf einer ausgesprochen schönen Strecke, für die Maut bezahlt werden muss. Der Einstieg ist bei Øvre Årdal und sie endet in Turtagrø. Bei schönen Wetter ist sie ein Genuss, heute können wir das nur bedingt nachempfinden. Zu guter Letzt machten wir an einem Turistcenter halt, um uns an einem Kaffee aufzuwärmen. Das entpuppte sich dann als Jugendherberge mit Schulklassen in den Skiferien. Ja, ihr habt richtig gelesen, aus dem Gebäude strömten Jugendliche mit ihrem Lehrer mit Langlaufausrüstung. Nach weiteren 50 Kilometer Richtung Nordosten kamen wir nach Lom, hier gab es die Stabkirche Lom  zu besichtigen, in meinen Augen aber nicht so schön wie die anderen Beiden. In Richtung Nordwesten fuhren wir dann nach Grotli, hier zweigt der Gamle Strynefjellsvegen über das Strynefjell ab. Das ist ein ca. 30km langer Schotterweg, der an Gletscherseen vorbeiführt. Wir sind ihn bei 15Grad voller Sonne gefahren und mussten immer wieder anhalten, jedes Mal fanden wir ein schöneres Fotomotiv. Letztendlich fuhren wir bis ins kleine Örtchen Hjelle, wunderschön am Ufer des Strynevattn gelegen. Hier machten wir in einen niedlichen Cafe halt, Cafes, wie wir sie bereits aus Schweden kennen. Nach diesem Abstecher fuhren wir dann bis Geiranger nördlich, vorbei am Abzweig zum Dalsnibba, wo man inzwischen 130 SEK Maut berappen muss. In Geiranger legte gerade ein Kreuzschiff auf der Hurtigroute ab und verabschiedete sich mit lautem Signal. Weiter die Adlerstraße hinauf, mit der Fähre von Eidsdalen nach Linge machten wir am Wasserfall Gudbrandsjuvet halt zum Fotostop.

Dann fuhren wir endlich die Trollstigen . Viel hatte ich im Vorfeld darüber gelesen, Filme auf Youtube angeschaut, in denen sich Reisebusse und Campervan an den Spitzkehren begegnen. Die Spitzkehren mit dem Motorrad schön zu fahren, konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen, da man ständig hinter einem langsam fahrenden Fahrzeug hängenbleibt und auf eine günstige Chance zum Überholen warten muss. Inzwischen ist es aber bereits 19Uhr durch und zu der Zeit sind nur noch sehr wenige Autos unterwegs. Wir beschlossen, gleich heute Abend noch über die Trollstigen zu fahren, eine bessere Gelegenheit wird es nicht geben. Gesagt, getan. Um die Spitzkehren geht es im langsamen Tempo und auch dazwischen gibt es immer Gelegenheit, den Blick nach oben schweifen zu lassen. Faszinierend. Grandios. Einfach unbeschreibbar.

Nun sind wir bis Åndalsnes gekommen und bauen unser Zelt auf. Es ist jetzt bereits 00:05 Uhr und immer noch hell, ich muss Schluss machen, wir müssen schlafen. Heute sind wir 400 km gefahren, mehr im Trockenen als bei Nässe, aber der Temperatursprung von fast +20Grad auf nur +4Grad runter war doch enorm und hat uns Einiges abverlangt.

Freitag, 1.Juli : Von Åndalsnes bis nordwestlich von Trondheim
Das Foto unten zeigt euch, wie hell es um Mitternacht in der Region der Trollstigen ist. Danach sind wir dann wirklich in die Schlafsäcke gekrochen und sind am nächsten Morgen bei herrlichem Sonnenschein erwacht. Heute hatten wir den ganzen Tag trockenes Wetter bei 18Grad, teilweise war es voll sonnig. Und es war herrliches Fahren auf der Route nach Trondheim. Wenig Verkehr, kaum Wohnwagentrailer und auch die beiden Fährüberfahrten verliefen ohne Wartezeiten. Wir haben heute kein kulturelles Ziel angesteuert, uns aber wieder an der faszinierenden norwegischen Landschaft sattgesehen. Unsere Fahrstrecke betrug heute 450km.

Sonnabend, 2.Juli : Fährenhopping
Gestern Abend noch haben wir beschlossen, dass wir die verbliebenen 600km bis nach Bodø, wo die Fähren auf die Lofoten abfahren, bis Sonntagabend schaffen wollen. Da fiel mir ein, dass ich bei der Vorbereitung des Urlaubs gelesen hatte, dass eine Vorbuchung für diese Fähren empfohlen wird. Allerdings kann man die Vorbuchungen nur mit einem Mindestabstand an Zeit buchen. Für die gestrigen Fähren ging das nicht mehr. Also einigten wir uns darauf, die Strecke bis Sonntag 17Uhr schaffen zu können und heute Morgen in aller Frühe hat der Micha dann die Fähre per Internet gebucht. Also stehen ab heute morgen -600km und 6 Fährüberfahrten auf unseren Sollkonto. Punkt 10Uhr starteten wir vom Campingplatz in der Nähe von Malm, nach  170km kamen wir zur ersten Fähre. Was für ein Schreck, die Spur zum Einchecken war voller PKWs und Wohnmobile. Was tun? Die Gefahr, nicht mehr auf die Fähre zu kommen, wurde mit jedem Auto, dass auf die Fähre auffuhr, grösser. Da erinnerte ich mich, wie frech ich vor zwei Jahren in Schweden an allen Autos vorbeigefahren war und dann vom Fährpersonal zurückbeordert wurde. Warum sollte ich das nicht auch hier versuchen? Micha traute sich nicht, hatte aber auch nichts einzuwenden, wenn ich es tun würde. Also fuhr ich los, bis zum Einweiser, der gerade die Tickets verkaufte. Ich lächelte ihn ganz nett an und fragte in meinem passablen Schwedisch, ob er meine, dass auf der Fähre alle Autos mitkommen würden. Er meinte, nein, das würden sie nicht, ich solle doch vorfahren. Ich meinte, wir wären zu zweit und was denn das Ticket für zwei Motorräder kosten würde, ich würde bar bezahlen. Juhu, es klappte. Micha hatte unsere Kommunikation über die Helmanlage mitgehört und kam bereits von hinten angebraust. Naja, viel Autos kamen dann nicht mehr mit drauf auf die Fähre, aber an den Plätzen, an denen due Motorräder stehen, können sowieso keine PKW parken. Das war die erste Fährüberfahrt von Holm nach Vennesund. Hmm… Fähre 1 geschafft. 50km fuhren wir weiter nach Horn und von dort mit der Fähre nach Anddalsvågen mit 1,5h Wartezeit. Fähre 2 geschafft. Klar, heute ist ja Samstag. Nun bekommen wir beide Bedenken, dass wir die Strecke nicht schaffen können, wenn die Fähren nicht so häufig fahren. Es half nichts, wir müssen weiter fahren. Nach weiteren 16km können wir direkt auf die Fähre von Forvika nach Tjotta drauf fahren. Wir jubeln, Fähre 3 geschafft. Inzwischen ist es nach 18Uhr und der Himmel hat sich mit bedrohlich aussehenden dunklen Wolken gefüllt. Nach weiteren 70km in strömenden Regen, der nun inzwischen eingesetzt hatte, schafften wir minutengenau unsere letzte Fähre von Levang nach Nesna. Da hättet ihr es laut plumpsen hören können, so schwer war der Stein, der der Erleichterung wich. Zwischendurch hatten wir beide schon nicht mehr daran geglaubt, die letzte Fähre zu schaffen. Es ist ein Spagat, nur so schnell zu fahren, dass es beim Blitzen nicht zu teuer wird und trotzdem für die Fähre reicht, wobei wir nicht mal wussten, ob überhaupt noch eine fährt.
Eigentlich wollten wir von hier noch 90 km bis zum Campingplatz am Polarkreis fahren und dort zelten, aber bei solchen Regen haben wir beide einstimmig beschlossen, das Polarcamp nicht anzusteuern. Nach 60km kamen lächelte uns ein Schild am Straßenrand an mit der Aufschrift „Hytta“ und wir zogen unsere Maschinen nach rechts in die Einfahrt. Hier packten wir unsere Einkäufe aus, denn wir hatten wohlweislich daran gedacht, noch rechtzeitig für Samstagabend und Sonntagabend zu essen zu kaufen. Nun sitzen wir satt und zufrieden in unserer Hytta und recherchieren den Weg für Morgen. Morgen früh stehen auf unserem Sollkonto nur noch -220km und zwei Fährüberfahrten.

Sonntag, 3.Juli : Auf dem Kystriksveien Fv 17 unterwegs
Heute am Sonntagmorgen hat Micha sich den Wecker auf 7Uhr gestellt, um Punkt 9Uhr wollen wir losfahren zur Fähre Kilboghamn, mit der wir um 10:30Uhr unbedingt mitfahren müssen, um unsere Fähre in Bodø zu erreichen. Seit gestern Nachmittag regnet es ununterbrochen, auch noch, als wir unser Gepäck auf den Maschinen verstauen. Die Wettervorschau sagt bis heute Nachmittag Regen an, also ziehe ich mir eine zusätzliche Hose unter und eine weitere Jacke. Nun kann es losgehen. Nur knapp 16km sind es bis zum Fähranleger, dann müssen wir wieder warten, die Schranke ist noch unten. Um uns die Zeit zu vertreiben, schwatzen wir mit den drei Schweden, die vor uns in der Reihe stehen. Auf dieser Fährüberfahrt überqueren wir den Polarkreis. Pünktlich kommen wir mit der Fähre in Jektvik an, es regnet immer noch, wir machen uns auf den Weg zur letzten Fähre Ågakardet – Forøy. Auch hier funktioniert alles problemlos. Nach gefahrenen 220km sind wir endlich in Bodø, eine halbe Stunde vor unserer geplanten Ankunftszeit. Super. Wir stellen uns in die Reihe der Autos, die bereits ihre Fährtickets vorgebucht haben und warten, dass es losgeht.
Seit vorgestern sind wir nun auf der Reichsstraße 17 unterwegs, über die gesagt wird, dass sie eine der schönsten Küstenstrassen Europas ist. Das können wir definitiv bestätigen. Die Fahrt geht wegen der vielen Fähren nur langsam voran, ist aber äußerst erlebnisreich. Wir haben kuriose Berge, unberührte Natur, glasklare Fjorde und schroffe Landschaften gesehen. Gerade war es sonnig, kurze Zeit später regnet es in Strömen oder ist nebelverhangen. Der Kystriksveien zieht sich von Steinkjer bis Bodø 650km entlang mit den sechs Fährverbindungen, die ich beschrieben habe. Leider sind wir einen großen Abschnitt der Straße im Regen gefahren und haben nicht viel gesehen. Vielleicht kommen wir deshalb nochmal wieder und wiederholen das Ganze.
Nun sitzen wir auf der Fähre von Bodø nach Moskenes, dort werden wir gegen 21Uhr ankommen und uns auf Zeltplatzsuche begeben. Ach ja, hatte ich erwähnt, dass es seit 14Uhr trocken ist und die Sonne scheint?

Montag, 4.Juli : Die Lofoten von Südwest nach Nordost
Gestern sind wir 21Uhr mit der Fähre in Moskenes auf den Lofoten angekommen und sind an den südlichsten Ort der Lofoten gefahren, der Ort mit dem kürzesten Namen, Å. Dort wollten sie uns ein Doppelzimmer für 1800 SEK vermieten, knapp 200€. Auf dem Campingplatz in Moskenes gab es keinen freien Stellplatz mehr, klar, dass ist ja auch Start und Ziel der Fährverbindungen. Da sind wir dann wieder umgekehrt und weitere 30km ins Inselinnere gefahren, dazwischen gab es keinen weiteren Campingplatz. In Fredvang gab es genügend freie Stellplätze, dieser einfache Platz ist auf den Karten nicht eingetragen. Als wir 22:30Uhr unser Zelt aufbauten, hatten wir den Gedanken, noch zu kochen, bereits aufgegeben. Also gab es Brot, Wurst und Käse. Als wir nach Mitternacht ins Zelt sind, war es immer noch trocken, so ist es auch für den ganzen Montag angesagt. Heute sind wir auf der E10 bis Leknes gefahren, dann weiter über die 815 bis Smorten und wieder auf der E10. Weiter führte uns der Weg über Kabelvåg mit der Lofotenkathedrale und nach Fiskebøl, hier verpassten wir unsere Fähre nur um 4 Minuten, sind dann die E10 weitergefahren und haben uns auf dem Campingplatz in Gullesfjordbotn eine kleine Hütte genommen. Nun studieren wir die Karten, ein Regengebiet ist vom Osten her im Anmarsch.

Dienstag, 5.Juli : Die Westerålen und Tromsø
Den Montagabend haben wir noch gemütlich in der Abendsonne verbracht, Nudeln gekocht, Wäsche gewaschen. Es war ein warmer, sonnenreicher Tag gewesen, an dem wir 193km über die Lofoten gefahren sind. Heute morgen hatten wir also nicht mehr viel zu packen, so waren wir schon 9Uhr startbereit, durch die Inselgruppe der Westerålen nordwärts zu fahren bis nach Rotsundelva, wo wir unserer zweites Fährenhopping beginnen wollten. Das Wetter war noch passabel, Sonne und 15Grad, zum Motorradfahren super. Dank Internet wussten wir, wann die Fähren fahren und konnten unsere Reisegeschwindigkeit darauf einstellen. Pünktlich erreichten wir den nördlichsten Punkt der Westerålen, Andenes.Von den Westerålen ostwärts aufs Festland nach Gryllefjord fährt die Fähre 1h45min. Von dort hatten wir auf einer kleinen, kurvenreichen Landstraße 70km in 70min bis zu Fähre 2 von Botnhamn nach Brensholmen. Das war ein richtiger Höllenritt, da es inzwischen angefangen hatte zu regnen. Nun waren wir der Regenfront begegnet, die von Osten im Anmarsch war und der wir entgegengefahren sind. Außerdem sind wir als Letzte von der vorigen Fähre heruntergekommen, da Motorräder immer an den Seiten eingeparkt werden. Mit 90kmh über die Straßen mussten wir die Zeit rausholen, die wir in den Ortschaften mit 50kmh verloren. Da hatte für Micha auch die drohende Geldbuße für überhöhte Geschwindigkeit auf einmal nicht mehr höchste Priorität. Wir schafften es, 5min vor Abfahrt auf die Fähre aufzufahren. Diese Fährüberfahrt dauerte nur kurz, dann ging es auf dem Landweg weiter nach Tromsø. Hier waren wir gegen 18Uhr, zur Eismeerkathedrale wollte ich unbedingt, trotz des Regens. Es ist absolut schade, denn wenn es regnet, kann man von der grandiosen Landschaft hier in Norwegen wenig sehen, die Nebel stehen bis tief in die Täler. Wie schon auf dem Kystriksveien 17 ist die Strecke von Tromsø in Richtung Nordkapp als landschaftlich besonders herausragend gekennzeichnet, leider konnten wir das heute nicht bestätigen, denn wir haben wenig davon gesehen im Regen.
Ich hätte nun um diese Uhrzeit in Tromsø nach einer Hütte auf einem Campingplatz gesucht, aber Micha wollte unbedingt noch bis vor die vierte Fähre fahren und den Campingplatz dort ansteuern, damit wir diese letzte Fähre gleich am nächsten Tag früh passieren können. Mit der dritten Fähre klappte alles prima, wir hängten uns hinter einen norwegischen Öltransporter, der mit einem Affenzahn durch die Landschaft brauste. Als er an der Fähre ankam, war die Schranke bereits geschlossen. Die Fährangestellten sahen uns kommen und waren so nett, dass sie die Schranke nochmal öffneten und uns und den Öltransporter winkten, noch aufzufahren. Prima, zwei Fähren bereits ohne Wartezeit, das passt, denn Fährüberfahrten sparen viele Kilometer, fressen aber auch viel Zeit, die man mit Warten verbringt. Und heute gaben sie uns die Gelegenheit, uns im Trockenen aufzuwärmen. Den Rest der Strecke bis zur vierten Fähre fuhren wir in relaxtem Tempo, inzwischen hatte der Regen aufgehört und unsere Regenjacken waren wieder trocken. Als wir am Fähranleger ankamen, war von einem Campingplatz weit und breit nichts zu sehen. Nun war guter Rat teuer. Inzwischen war es 20Uhr durch, zurückfahren kam nicht in Frage. Eine letzte Fähre fuhr in einer halben Stunde. Uns blieb nichts weiter übrig, wir mussten auf die letzte Fähre warten. Die kam auch pünktlich, nur fünf Fahrzeuge wollten mit. Während wir überfuhren, setzte der Regen wieder ein, so stark, dass wir dachten, wir befänden uns im Epizentrum des durchziehenden Regengebietes. Leider waren die nächsten auf unserer neu gekauften Norwegenkarte verzeichneten Campingplätze 30km weiter auf der Strecken. Nun hieß es nur noch, Zähne zusammenbeißen. 22:30Uhr kamen wir am Campingplatz in Rotsundelva an. Die Schranke war bereits geschlossen, die Rezeption unbesetzt. Micha interessierte das nicht. Er stieg ab und zog das Tor für unsere Maschinen zum Durchfahren auf. Ein Zettel hing an der Tür mit einer Telefonnummer und der Bitte, anzurufen. Das taten wir, erreichten aber niemand. Damit war die Möglichkeit, eine Hütte zu bekommen, gleich null. Und auf dem Platz standen viele kleine freie Hütten, aber die Türen waren natürlich verschlossen. So blieb uns nichts weiter übrig, als unser Zelt im Regen aufzubauen. Inzwischen hatten wir die Gemeinschaftsküche der Camper okkupiert und dort alle unsere nassen Sachen zum Trocknen aufgehangen. Glücklicherweise schienen um 23Uhr schon alle anderen vor den Mücken in ihre Zelte geflüchtet zu sein. Als ich meine Regenjacke und Regenhose ausgezogen hatte, offenbarte sich, dass auch meine Motorradhose dem Regen nicht standgehalten hatte. Die Stiefel sowieso nicht, das wusste ich bereits von anderen Touren im Regen. Bei den Handschuhen bin ich immer selbst schuld, denn wenn ich im Regen meine Griffheizung anmache, funktioniert das Goretex-Membran-Konzept nicht mehr. Micha allerdings hatte an seiner neuen Rukka-Motorradhose nichts auszusetzen, dort ist die Goretex-Membran zwischen den Schichten einlaminiert. Ohne Regenhose darüber hat sie durchgehalten. Wir kochten noch, schwenkten ein wenig unseren Fön über den nassen Klamotten und verzogen uns dann ohne Dusche ins Zelt, denn Duschmarken hatten wir ja auch nicht. Wie wird wohl die Wetteraussicht in den nächsten Tagen sein? Heute zeigt mein Routenmittschnitt 415km mit den Fährüberfahrten an, wir sind von 9Uhr morgens bis 22:30Uhr abends unterwegs gewesen, davon 8 Stunden im Regen. Dafür haben wir jetzt das große Regengebiet aus Osten hinter uns und es wird besser, hoffentlich! Und wir haben heute die ersten Rentiere gesehen.

Mittwoch, 6.Juli : Rentiere und die letzte Etappe bis zum Nordkapp
Heute morgen hat der Regen aufgehört. Nach der Marathontour am gestrigen Tag kommt unser Ziel, das Nordkapp, in Sicht. Wir okkupieren wieder die Küche, diesmal sind bereits andere Camper am Werk. Wir frühstücken gemütlich, hängen die feuchten Sachen nochmal über die Heizung und schwatzen mit den anderen Campern, die im Angelurlaub hier sind. Das Wetter zieht auf, nach den gestrigen 9Grad zeigt das Thermometer jetzt bereits mehr an. Heute sind wir erst 11:30Uhr startklar. Über die E6 zum Nordkapp hoch sagt man, dass sie auf den letzten tausend Kilometern landschaftlich recht langweilig sein soll. Das finde ich überhaupt nicht. Selbst als wir nach einem kurzen Tankstop in Alta weiter nordöstlich zum Smørfjord fahren, ist nicht mal der Abschnitt langweilig, der kilometerweit geradeaus führt. Hier sieht man niedrige Birkenwälder auf weiten Ebenen, auf denen die Weidegebiete der Rentierherden abgesteckt sind. Die Wohngebäude der Samen liegen weit verstreut in der Ebene. Im Hintergrund erheben sich mächtige Berge. Das Wetter wird großartig. Es sind bereits 20Grad und die Sonne scheint beständig. Ich glaube, heute ist das ideale Wetter für einen Besuch am Nordkapp. Wir wollen unser Zelt möglichst nahe auf einem Campingplatz aufschlagen, der in der Nähe zum Nordkapp liegt. Das ist der Nordkapp Camping. Dann wollen wir gegen 22Uhr mit nur einem Motorrad zum Nordkapp hochfahren und die Mitternachtssonne genießen. Gesagt, getan. Heute Abend hat Micha herzhafte Eierkuchen gebraten und danach haben wir uns ein Getränk, Schokolade und unsere zwei Campingstühle eingepackt und sind zum Nordkapp losgefahren, das war jetzt nur noch eine Entfernung von 25km. Wir haben totales Glück, es ist wolkenlos, verhältnismäßig wenig Wind und die Sonne zeigt sich in ihrer ganzen Pracht. Wir machen unsere Fotos, Micha wird Mitglied im „The Royal North Cape Club“ mit der Mitgliedsnummer 46877 und dann suchen wir uns ein Plätzchen für unser Picknick. Es ist schon ein erhabenes Erlebnis, am Ende der Welt um Mitternacht in die Sonne zu schauen, als wäre es erst abends oder frühmorgens. Als wir uns gegen 1:00Uhr auf den Rückweg zum Campingplatz machten, war inzwischen der Nebel in die Täler gezogen und in Windeseile war alles vom Nebel verschluckt, so dass man die Hand nicht mehr vor Augen sehen konnte. Dann noch schnell duschen und ab in den Schlafsack. Morgen haben wir einen Pausentag geplant, es soll wieder schönes Wetter werden, wunderbar zum entspannen. Heute stehen auf meinem Routenmittschnitt gefahrene 455km inklusive der 50km Zeltplatz-Nordkapp. Hätten wir gestern nicht diese Mammuttour durchgezogen, wäre uns der wolkenlose Blick wohl vergönnt gewesen. Micha grinst und meint: „Da haben wir doch alles richtig gemacht!“ . Das denke ich auch.

Freitag, 8.Juli : Niemandsland – am Ende der Welt
Wie der besagte Titel von Gundi, so fühlten wir uns heute, auf dem Weg südwärts Richtung Finnland. Nachdem wir gestern einen Faulenzertag eingelegt haben, sind wir heute in Richtung Helsinki aufgebrochen. Heute Nacht stürmte es, dass wir kaum ein Auge zutun konnten. Außerdem hatte sich das schöne Wetter bereits verflüchtigt, es nieselte bei 9Grad. Heute gab es auf der Strecke von Honnigsvåg über Lakselv und Karasjok nach Kautokeino nicht viel Abwechslung. Ein interessanter Abstecher war der Besuch im Sami-Museum (Samiske Samlinger) in Karasjok. Wir sind heute 370km vorangekommen und haben uns in Kautokeino eine Hütte genommen. Landschaftlich war die Strecke eher uninteressant, es fehlen die hohen Berge, links und rechts der Straße stehen Kiefernwälder und flache Birkenwälder, häufig führt die Straße zwischen Seen hindurch und mehrfach kreuzen Rentiere unseren Weg. Morgen müssen wir uns eine Karte von Finnland besorgen, denn den Abstecher nach Helsinki haben wir eher spontan entschieden.

Samstag, 9.Juli : Zurück zum Polarkreis
Heute haben wir gesündigt, bis 11Uhr geschlafen und dann noch gefrühstückt. Während des Frühstücks klingelte das Telefon. Ella rief an, endlich waren auch sie am Nordkapp angekommen. So sind wir erst 12:30Uhr auf unsere heutige Strecke gestartet. Wir wollen bis Rovaniemi, das sind 380km. Das Wetter ist nicht wirklich besser als gestern, bedeckt und 10Grad, aber noch trocken, als wir losfahren. Heute erwarten wir nichts Aufregendes, lange kurvenfreie Straßen durch Birkenwälder, ab und zu unterbrochen durch kleine Ortschaften, in denen an einem Samstag auch nichts los ist. Während wir so unsere Bahnen ziehen, kommt Nieselregen auf. Später wird es wieder trocken, am Nachmittag scheint sogar die Sonne und es wird merklich wärmer, 15Grad zeigt das Thermometer jetzt an. Kurz vor Rovaniemi merken wir, dass wir unsere Uhren nicht umgestellt haben. Hier in Finnland ist es eine Stunde später als in Norwegen. Inzwischen haben wir den Polarkreis wieder überquert. Also auf zur Campingplatzsuche. Ohne uns beirren zu lassen, steuern wir direkt den Campingplatz in der Stadt an, er hat zwar keine Hütten, aber da der Wetterbericht für morgen Sonne verspricht, zelten wir wieder. Der Platz ist sehr schön am Fluss gelegen unter Kiefernbäumen. Morgen wollen wir in Rovaniemi den Weihnachtsmann besuchen, der soll ja hier wohnen. Und vielleicht können wir bei ihm dann unseren Wunschzettel für Weihnachten lassen, das wäre großartig. Wie wäre es mit einer regensicheren Motorradkombi, bei der die Goretex-Membran einlaminiert ist? Den Tipp hatten wir von Viola und Thomas auf der Irlandtour bekommen, danke an euch.
Vorhin nach unserem reichhaltigen Abendbrot habe ich mit Gunvour und Christian telefoniert. Die beiden Finnen hatte ich Anfang Juni im Harz kennengelernt, als sie gerade auf Europatour mit ihren Motorrädern waren. Peter meinte zu Gunvour, ich würde auch schwedisch sprechen und so schwatzten wir den ganzen Abend. In Finnland ist Schwedisch in einigen Gebieten vorherrschend und wird in der Schule als Pflichtfach gelehrt. Spontan haben sie mich eingeladen, sie zu besuchen, wenn wir in Finnland sind. Nun wollte ich wissen, ob die Einladung immer noch gilt. Ja, sie gilt noch, wir sind herzlich willkommen, meinte Gunvour am Telefon. Also machen wir uns morgen auf den Weg nach Paipis in der Nähe von Helsinki, wo wir Dienstag von den Beiden erwartet werden.

Sonntag, 10.Juli : Zu Besuch im Weihnachtsmanndorf
Gegenüber dem Wetterbericht, der für heute Nacht keinen Regen angesagt hatte, schüttete es regelrecht. Und, wie sollte es auch anders sein, stand unser Zelt im Nu in einem See. Wenn es aber nur das gewesen wäre, das hätten wir ja ignorieren können, aber es sollte noch ärger kommen. Plötzlich fühlte Micha unter seiner Isomatte das Wasser durch den Zeltboden dringen. Was nun? Ich merkte, wie sich Panik bei ihm breitmachte. Nasse Isomatte und nasser Schlafsack sind ein No-Go beim Campen. Ich selbst habe die Erfahrung, dass Wasser durch Zeltböden dringt, schon mehrfach gemacht, genau deshalb habe ich immer eine Plane dabei, die man bei zu viel Wasser ins Zelt legen kann, bei spitzen Steinen oder anderem Ungemach unter den Zeltboden. Solch eine Plane hatten wir dabei, wir hatten sie erst einmal benutzt am Nordkapp Camping, wo der Boden so uneben war. Nun räumten wir Nachts geschwind um und im Nu lagerte unser gesamtes Zeltinventar auf der Plane. Nun konnten wir endlich in Ruhe schlafen. Der Sonntagmorgen brachte uns herrlichen Sonnenschein, so ließen wir uns Zeit und trockneten das Zelt in der Sonne. Gegen Mittag hatten wir endlich unsere Sachen zusammengepackt und starteten zum Weihnachtsmanndorf. Hier holten wir uns auch unser Zertifikat für die Polarkreisüberquerung. Und schaut doch mal unsere schönen T-Shirts an. Weiter ging es es heute 383km in herrlichem Sonnenschein bei 19Grad. Natürlich immer geradeaus durch Kiefer- und Birkenwälder, kilometerweit keine Ortschaften. Als wir kurz vor dem von uns angestrebten Campingplatz waren, zeigte doch das Schild an der Strasse auf einmal ein Auto, dass ins Wasse fährt. Mein Gott, mit einer Fähre hatten wir heute gar nicht mehr gerechnet. Aber nun sind wir auf einem herrlichen Campingplatz im Kiefernwald auf der Halbinsel Manamansalo am Oulujärvi. Und es gibt einen traumhaften Sonnenuntergang. Wir sitzen am Ufer und trinken unsere Cola und geniessen das Naturschauspiel.

Montag, 11.Juli : Endlich sommerliche Temperaturen
Heute morgen war es ein Genuss, aus dem Zelt zu schauen und in die Sonne zu blicken. Schon zum Frühstück war waren es 20Grad. Trocken, Sonne, 24Grad, das ist der ideale Wetterbericht für Motorradfahrer. Dementsprechend kamen wir heute auch zügig voran, 366km stehen heute auf dem Tacho, und dass trotz Schotterpiste zwischendurch, die auf der Karte als gelbe Straße eingezeichnet ist. Heute konnte ich schon den zweiten Tag von meiner 7-Schichten-Methode Abschied nehmen. Damit habe ich meine Anzugsordnung während der kalten Tage bezeichnet. Erste Schicht=Motorradunterwäsche, zweite Schicht=wärmeisolierendes langärmeliges Shirt, dritte Schicht=langärmeliges Kapuzenshirt, vierte Schicht=dünne Sportjacke, fünfte Schicht=Goretex-Innenjacke, sechste Schicht=Motorradjacke, siebente Schicht=Regenjacke. So war alles schön wind- und regendicht und ich schön eingemummelt.
Ich hoffe mal, es bleibt so, aber in der Mail, die Niklas schrieb, ist zu lesen, dass ein Unwetter aus Südschweden Richtung Lettland und Litauen zieht. Wir werden sehen. Heute haben wir eine Hütte am See und es gibt keine Mücken, welch eine Seltenheit. Insgesamt ist es im nördlichen Teil Finnlands sehr beschaulich, nicht hektisch, freundliche Menschen, grüne Wälder und tausende Seen. Egal, wo du fährst, immer ist Wasser in Sicht. Es fehlt das Monumentale, Gewaltige, was die Landschaft in Norwegen ausmacht, aber die finnische Landschaft ist auf ihre Art schön.

Mittwoch, 13. Juli : Zu Besuch bei Freunden
Gestern Nachmittag sind wir ohne Zwischenfälle bei Gunvor und Christian Madsen in Paipis angekommen. Sie haben uns überaus herzlich empfangen und wir haben den Rest des Abends in schwedisch, englisch und auf deutsch geschwatzt. Außer Gunvor und Christian lebt auch ihr Sohn Jonas auf dem Hof, der etwas deutsch sprechen kann, da er einige Monate in der Österreich Betriebswirtschaft studiert hat. So wurde es ein richtig internationaler Abend. Natürlich haben wir auch meine Kette geölt und uns dabei über unsere Motorräder ausgetauscht. Und heute wollen wir gemeinsam mit den Beiden eine schöne Tagestour um Helsinki fahren, mit einem Abstecher zur alten Eisengießerei.

Donnerstag, 14.Juli : Von Finnland auf die Ålandinseln
Als wir heute bei Gunvor und Christian losgefahren sind, war es wieder einmal richtig schönes Wetter, 22Grad und sonnig. Eigentlich wollten wir die alte Landstraße  110 von Helsinki nach Turku fahren, haben uns dann aber doch nördlicher über schnellere Fernverkehrsstraßen bewegt, um nicht allzu viel Zeit zu verlieren, die wir beim Hopping über die Ålandinseln sowieso einplanen müssen. Von Turku fuhren wir die 192 über Kustavi nach Osnäs, dort startete die erste Fähre des Ålandstrafiken auf die Insel Brändö. Hier haben wir beinahe einen großen Fehler begangen. Als der Ticketverkäufer zu uns kam und wir ihm klarmachten, dass wir gern ein Ticket gleich für beide Fähren nach Mariehamn haben würden, fragte er, ob wir ohne Aufenthalt auf den Inseln bis Mariehamn durch fahren wollten. Ja, eigentlich wollten wir das und sagten das auch so. Was wir nicht wussten, war, dass  man in diesem Fall eine Durchfahrtsgebühr (Genomfartstaxa) zahlen musste, die pro Fahrzeug 75€ betrug. Als er den Preis von 150€ für zwei Motorräder nannte, fanden wir ihn doch außergewöhnlich hoch, aber da wir uns vorher nicht über die Preise informiert hatten, reichte Micha zögerlich seine Visakarte rüber. Auf der Fähre hatten wir dann Netz und die erste Aktion war, die Preisliste anzuschauen. Wie wir es vermutet hatten, waren auf der Preisliste keine Durchfahrtsgebühr enthalten. Diese Informationen gab es nur auf den Fähren selbst im Plan in Landessprache. Ok, was also tun? Michas Adrenalinspiegel war schon wieder an der oberen Grenze angekommen. Also machte ich mich auf die Suche nach den Angestellten, welche sich inzwischen im gesperrten Bereich befanden, was mich nicht wirklich störte. Dann versuchte ich, einem von ihnen klarzumachen, dass er einen Fehler begangen hatte, indem er uns die Durchfahrtsgebühr berechnet hatte, obwohl wir doch eigentlich das billigste Ticket erwerben wollten. Er verstand es und zögerte auch keine Sekunde, die Buchung rückgängig zu machen. Offensichtlich soll man auf den Inseln übernachten und Geld ausgeben, wenn man nur durchfährt, wird es teuer. Letztendlich bezahlten wir anstelle von 75€ pro Motorrad nun 16€ für beide Fährüberfahrten, mussten aber eine Übernachtung einlegen. Das hatten  wir sowieso vor, da das Wetter inzwischen absolut toll war. So haben wir für 10€ auf dem Campingplatz in Brändö übernachtet.

Freitag, 15.Juli : Inselhopping über die Ålandinseln nach Schweden
Am heutigen Freitagmorgen mussten wir dafür ganz früh aus den Schlafsäcken kriechen, denn die Fähre nach Hummelvik fährt nur drei mal am Tag, die Erste um 8:05 Uhr sollte die Unsere sein. So haben wir dann auf der zweistündigen Fährüberfahrt gefrühstückt. Leider war heute von  Sonne nichts zu sehen, deshalb haben wir uns in Mariehamn nicht wirklich lange aufgehalten. Die Überfahrt nach Schweden, nach Grissleholm haben wir von Eckerö aus gestartet. Leider fing es gleich nach Ankunft in Grissleholm an, in Strömen zu regnen, obwohl es erst aussah, als wäre es nur ein kurzer Schauer. Letztendlich mussten wir eine längere Pause Åkersberga, 30km nordöstlich von Stockholm einlegen. Gestern hatten wir noch überlegt, ob ich Susi und Tomas anrufe, zwei Motorradfahrer, die in der Nähe von Stockholm wohnen und welche ich vorigen Sommer auf einer unserer Touren kenngelernt habe. Aber Micha wollte partout nicht in durchweichten Regenklamotten bei ihnen auftauchen und so genau wusste ich ja auch nicht, wo sie wohnen. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt eine Woche in die Zukunft hätte blicken können, wäre das  gar kein Problem gewesen. Aber dazu mehr am Ende meines Reiseberichts. Im Regen haben wir es heute bis nordöstlich von Stockholm geschafft. Morgen geht es dann weiter Richtung Öland.

Sonnabend, 16.Juli : Ab Stockholm die Ostküste südwärts
Heute ist wieder mal ein ganz normaler Tag, an dem nichts wirklich Außergewöhnliches passiert ist. Das muss ja aber nicht immer von Nachteil sein. Als ich morgens vom Strand zurückkam, lief ich zufällig an der Hütte vorbei, auf deren Veranda drei deutschsprachige Motorradfahrer beim Frühstück saßen. Diese drei kamen gestern kurz nach uns an und ich hatte bemerkt, dass die drei Männer deutsch sprachen und nur mit zwei Maschinen da waren. Das ist recht ungewöhnlich und ich war neugierig, also sprach ich sie kurzentschlossen an. Sie erzählten mir dann, dass sie auf Rundreise durch Schweden waren und der dritte sein Motorrad gestern in der Kurve in den Straßengraben gefahren hatte. Nun wollten sie sich heute erst einmal um den Rücktransport der Maschine nach Deutschland kümmern. Na, da wäre er wohl etwas zu schnell unterwegs gewesen, meinte ich. Das gab er auch unumwunden zu. Aber es rettet den Urlaub ja auch nicht mehr. Also dann lieber doch solche Tage, an denen nichts Außergewöhnliches passiert.
Es war heute sonnig bei 22Grad und nachdem wir gegen 10Uhr losgefahren sind, hat uns Micha absolut problemlos durch Stockholm geführt. Dann sind wir über kleine Landstraßen immer weiter nach Süden gefahren. Die Strecke bis auf Öland ist an einem Tag nicht zu schaffen, dafür haben wir gleich zwei Tage eingeplant. Und heute waren wirklich richtig kurvige Strecken dabei, die ich in Schweden eher nicht vermutet hätte. So war der Tag sehr erfolgreich, trotz dass wir erst im dritten Anlauf einen akzeptablen Campingplatz gefunden haben und nun sitzen wir nach einem herzhaften Palatschinken zum Abendbrot gemütlich vorm Zelt und schauen uns die Strecke für morgen an.

Sonntag, 17.Juli : Im Anflug auf Öland
Zum Baden ist es morgens immer noch zu kalt für mich. Als wir im Sommer vor zwei Jahren unsere Motorradtour durch Südschweden gemacht haben, war es der Jahrhundertsommer in Schweden. Vier Wochen lang, den gesamten Juli, waren es immer um die 30Grad mit voller Sonne. Wir mussten um 9Uhr das Zelt ausgeräumt haben, da es danach im Zelt zu heiß war, um die Schlafsäcke und Isomatten zusammenzupacken. Wenn wir mit den Motorrädern irgendwo anhalten mussten, schauten wir vorher immer nach einem Platz mit Schatten. In dem Jahr bin ich jeden Morgen als erstes in den See Baden gegangen, noch vor dem Frühstück. Diesen Sommer bin ich schon froh, wenn der Tag sonnig und trocken ist, die Temperatur ist nicht so wichtig. Der gestrige Campingplatz war ruhig und gemütlich, wir frühstückten in der Sonne und als wir unsere Sachen zusammengepackt hatten, war es bereits 11Uhr durch. Auch heute sind wir schöne kleine und kurvenreiche Straßen gefahren, diesmal waren auch etliche Kilometer Grusvägen dabei, die wir eigentlich vermeiden wollten, da sie nicht wirklich Spaß machen. Mittags legten wir eine Rast an einem kleinen Cafe am Wegesrand ein, das zwei ältere Damen betrieben und wo ich jedes Mal wieder verwundert bin, wie sehr das in Schweden funktioniert, selbstgebackener Kuchen, Kaffee ab der zweiten Tasse gratis und dann nur ein paar Ausflügler als Gäste. Das kann nicht rentabel sein und deshalb gibt es das in Deutschland wahrscheinlich auch so selten. Auch heute steuerten wir mehrere Zeltplätze an, ehe wir den für uns passenden gefunden hatten, schließlich wollen wir dieses Mal zwei Nächte bleiben. Nach Öland rüber kommt man auf einer Schnellstraße über die Brücke bei Karlshamn. Auch am Sonntagabend herrschte dort reger Verkehr. Der erste Zeltplatz rechts hinter der Brücke glich einer Trutzburg von Wohnwagen und Mobilheimen, aber die Zeltwiese war absolut leer. Trotzdem wollten wir dort nicht bleiben, diesen Plätzen fehlt jegliches Flair. Da Micha im Forum einen Campingplatz als Empfehlung herausgesucht hatte, steuerten wir diesen nun an, auch wenn er 60km nördlicher lag. Und er entpuppte sich als wirkliche Offenbarung. Weitläufig, ruhig, direkt an der Ostseite an der Ostsee gelegen in einer kleinen Bucht, Vikegård in Löttorp. Hier können wir es einen zusätzlichen Tag lang aushalten und einen Lese-Tag einlegen. Übermorgen wollen wir dann die Insel erkunden.

Montag, 18.Juli : Der långe Erik
Heute war ein Faulenzertag. Lange Schlafen, am Strand frühstücken, in der Sonne rumsitzen. Um 15Uhr haben wir es dann nicht mehr ausgehalten und sind noch mal 100km gefahren, den Norden von Öland zu erkunden. Bis zum langen Erik, der stolz mit 32 Metern in die Höhe ragt, fuhren wir. Auf dem Rückweg kehrten wir in der Mühlengastwirtschaft ein.

Dienstag, 19.Juli : Der långe Jan
Den Bruder wollen wir auch unbedingt noch sehen. Den vom lången Erik, das ist der långe Jan. Der steht an der Südspitze von Öland und überragt ihn um 10 Meter. Auf dem Weg dorthin sind wir an unzähligen Windmühlen vorbeigekommen, von denen auf Öland noch ungefähr 400 erhalten sind. Gegenüber dem Norden der Insel, der stark bewaldet ist, wird der Süden zum Großteil von landwirtschaftlicher Nutzfläche bedeckt. Getreidefelder, wohin das Auge reicht. Das es aber so sehr viele Straßen hier nicht gibt, sind wir dann auf dem Rückweg zum Campingplatz auch schon mal einige Straßen zum zweiten Mal gefahren. Heute übernachten wir zum dritten Mal hier und morgen geht es dann weiter nach Westen. Übrigens sehr witzig finden wir die Mülltrennung auf unserem Campingplatz, wie auf dem Foto verewigt.

Mittwoch, 20.Juli : Hätteboda Vildmarkscamping
Leider müssen wir heute Öland verlassen, obwohl es uns so gut gefallen hat. Bei herrlichen Sonnenschein und 23 Grad sind wir Richtung Westen ins Seengebiet des Åsnen gefahren, um dort die letzte Nacht im Zelt zu verbringen. Micha hat wieder schöne kleine kurvige Straßen auf der Landkarte herausgesucht. So haben wir an diesem Mittwoch 230km geschafft. Zu diesem Zeitpunkt können wir noch nicht wissen, was uns bevorsteht. Wie erwartet, war der erste Campingplatz nichts für uns, zu viel Halli-Galli. Beim Zweiten war die Lage ganz toll, wie der Name es verrät, mitten in der Wildnis, also ca. 10km abseits des nächsten Ortes mitten im Wald am See. Alle Standplätze sind einzeln parzelliert und alle Parzellen waren vorreserviert, wie auf einem Hinweisschild an der Zufahrt zu lesen war. Wir fragten trotzdem und bis auf zwei Standplätze für diese Nacht, welche uns die junge Frau an der Rezeption anbot, war auch wirklich alles voll. Hier wollten wir die eine Nacht bleiben. Solardusche hörte sich auch durchaus umweltbewusst an. Dass es nur Trockentoiletten gab, auf denen man das Wasser zum Händewaschen selbst herbeipumpen muss, wussten wir jetzt auch noch nicht. Auf den Bildern zeige ich euch, wie die Solardusche funktioniert. Erst fülle man Wasser aus einer Handpumpe in einen schwarzen 20-Liter Kanister und hänge ihn an seinem Zeltplatz oben an den Baum, damit die Sonne tagsüber das Wasser erwärmen kann. Oder wie in unserem Fall, wenn man erst nachmittags anreist, kann man das Wasser alternativ im Kessel auf einem zweiflammigen Gaskocher erwärmen. Gut, wer da ein Feuerzeug oder Streichhölzer eingepackt hat. Hatten wir natürlich nicht. Hier half aber der Nachbar mit einem kleinen brennenden Zweig aus, den er an seiner Kochplatte entzündet hatte. Da bleibt dann das Kunststück,  das erwärmte Wasser aus dem Kessel durch die schmale Öffnung des Kanisters zu gießen. Oder man duscht mit kaltem Wasser. Hat man nun das Wasser im Behälter, trage man ihn zur Dusche und hänge ihn an einen Strick mit Karabiner. Dann kann man den Hahn öffnen und das warme (oder kalte) Wasser rinnt aus dem Behälter. Wenn die zwanzig Liter verbraucht sind, sollte man mit Duschen fertig sein. Wir haben jedenfalls alle Hände voll zu tun gehabt, schafften es aber, mit anderthalb Kanister lauwarm geduscht zu haben. Wir haben lange schon nicht mehr soviel Spaß gehabt.

Danach hatten wir uns einen gemütlichen Abend vorm Zelt mit Sonnenuntergang und Cola vorgestellt, aber dazu kam es nicht mehr. Während des Abendessens wurde mir derartig schwindelig und übel, dass ich mittendrin ins Zelt verschwinden musste, um mich hinzulegen. Eine Stunde kämpfte ich mit dem Abendessen, bis es mir wieder so ging, dass ich mich schlafen legen konnte. Zwischendurch musste Micha mich zur Toilette begleiten, da ich durch den Verlust des Gleichgewichtssinnes nicht allein hinkam. Dazu muss ich sagen, dass er bereits seit zwei Tagen kränkelt mit Schnupfen und Husten. Also legten wir uns in unser Krankenzelt und versuchten etwas zu schlafen. Gut, dass ich schon am Nachmittag ein paar Bilder gemacht habe, wie es auf dem Campingplatz aussieht.

Freitag, 22.Juli : Hanksville Farm
Als ich am Donnerstag aufstand, ging es mir entscheidend besser. Immer noch nicht wirklich gut, aber immerhin traute ich mir zu, die verbliebene Strecke von 200km nach Svalöv, Torrlösa zur Hanksville Farm zu schaffen. Wir hatten noch zwei Brötchen mit Butter und Kamillentee, das musste reichen. Jetzt, zwei Tage später, als Micha ebenfalls mit leichtem Durchfall zu kämpfen hat, sind wir uns einig, dass die Ursache womöglich gespritzte Tomaten waren. Wir hatten sie zwar abgewaschen, aber vielleicht nicht ausreichend geschrubbt. Jedenfalls war meine Reaktion, ich hatte auch bestimmt sechs kleine Tomaten gegessen, Micha nur eine, absolut heftig gewesen, schon ein Kreislaufzusammenbruch auf Grund einer Lebensmittelvergiftung. Jedenfalls sind wir nach ausreichend Stopps gegen 15Uhr auf der Hanksville Farm eingetrudelt und haben den Nachmittag sehr relaxt angehen lassen, genau wie den heutigen Tag. Unser schwedischer Freund Niclas hat uns sehr herzlich begrüßt und am Abend haben wir am Rätselquiz und am gemeinsamen Grillabend teilgenommen. Es wurde noch ein langer Abend, nachdem mehr als 60 Biker zu ihrer wöchentlichen Donnerstagabendausfahrt eingetroffen waren. Und mit Sven-Inge und Jürgen haben wir lange geschwatzt, die Beiden haben wir im Februar zur Hamburger Motorradmesse kennengelernt und sie kamen extra, um uns wiederzusehen. Ach ja, ich habe auch beim Geburtstagsständchen mitgesungen, als Ann und Niclas auf ihrer Ukulele spielten. Heute jedenfalls haben wir bis zum Abendessen nur in der Sonne gelegen und gelesen. Die Position der Stühle haben wir ab und zu mit dem Sonnenstand verändert. Wir schlafen in einem schönen Zirkuswagen, sehr gemütlich. Morgen geht unsere Fähre 14:30 Uhr von Trelleborg nach Rostock. Schade, das Urlaubsende nähert sich.

Samstag, 23.Juli : Wieder in Deutschland
Heute mussten wir Abschied nehmen. Die Fahrt nach Trelleborg und die Fährüberfahrt war unspektakulär. Um 21Uhr fuhren wir von der Fähre von Stena Line, die wir übrigens bei TT-Line gebucht hatten (2 Motorräder für zusammen 64€). Da hatte Micha sein Navi angeworfen und prompt führte es uns durch den Warnow-Tunnel, der Mautpflichtig ist (3.80€ pro Motorrad). Da hättet ihr ihn fluchen hören können. Die Übernachtung hatten wir im Voraus über booking.com gebucht, die Mühlenvilla am Bützower Hafen. Herrschaftlich. Das ist das erste, was mir dazu einfällt. Nach dem Frühstück werden wir uns auf den Rückweg machen und noch im Nachbarort bei Julia und Patrick vorbeischauen, die hier gerade ein Wochenende auf der Warnow paddeln.

Sonntag, 24. Juli : Endlich wieder zu Hause
Nach einem herrlichen Frühstück packten wir schnell und düsten ins Nachbardorf, um noch eine halbe Stunde mit Julia und Patrick zu plaudern, die übers Wochenende zum Paddeln hier aus Hamburg hergekommen sind. Danach fuhren wir schnurstracks Richtung Autobahn. Ja, die Heimfahrt war schon stressig, da wieder Ferien-Anreise und -Abreisetag war. Mit drei kleinen Pausen kamen wir gegen 18Uhr in Freital an. Auf dem Tacho stehen nun 8500km, die wir an 29 Tagen gefahren sind. 2 Tage sind wir nicht gefahren. Das sind im Durchschnitt 293km pro Tag.  Bestimmt vier mal sind wir total eingeregnet, die Strecke zum Nordkapp durch Norwegen hoch war von den Temperaturen eher kalt, meist zwischen 9 und 13 Grad, danach durch Finnland zurück wurde es wärmer zwischen 15 und 20 Grad. In Schweden waren es dann jeden Tag um die 25 Grad und sonnig. Norwegen war von allen skandinavischen Ländern landschaftlich das Herausragendste, finde ich. Ich denke, wir werden auf jeden Fall noch einmal wiederkommen, es gibt noch so viel zu entdecken in Südnorwegen.