Alles was man so tut …

1994 Rundreise durch Kenia

06.3.1994 – 26.03.1994

Wir waren 5 Freunde und wollten nach der Wiedervereinigung Deutschlands die Welt sehen. Inzwischen war ich 1991 schon 4 Wochen durch Indien und Nepal getrekkt und 1993 dann 4 Wochen mit Auto und Zelt durch die USA. Jetzt wollte ich auch einen klitzekleinen Teil von Afrika entdecken. Ihr findet hier meine Tagebucheinträge aus 1994 von unserer Reise durch Kenia. Leider hatte ich damals keine Fotos gemacht. Im Januar 2014, zu meinem 50.Geburtstag und damit 20 Jahre nach dieser Reise, habe ich von meiner lieben Freundin Silke, die damals ebenfalls auf der Reise mit war, ein Fotoalbum in Papier bekommen. Davon kann ich nun einige Fotos hier zeigen. Auch 1994 war es eine Reise ohne Internet, ohne Telefon, ohne Online-Buchungssystem, wieder nur einen Reiseführer als Buch im Gepäck.

Wie war die politische Situation in Kenia im Jahr 1994, als wir aufbrachen?

Von 1963 bis 1967 dauerten Grenzstreitigkeiten zwischen Somalia und Kenia an, welche als Shifta-Krieg bezeichnet wurden. Der Konflikt fand in der nordöstlichen Region Kenias statt, in dem Teile der lokalen Somali-Bevölkerung für den Anschluss des Gebietes an ein Groß-Somalia kämpften. Die Bezeichnung „Shifta-Krieg“ wurde von der kenianischen Regierung geprägt, nach dem Somali-Wort shifta für „Bandit“. In den Jahrzehnten nach Ende des Krieges blieben Banditentum und Clan-Fehden in Nordostkenia verbreitet. Viele Bewaffnete, die als Rebellen gekämpft hatten, wandten sich, jetzt wesentlich besser ausgerüstet,  wieder den gelegentlichen Fehden zwischen Clans sowie dem Viehdiebstahl zu. In den kenianischen Medien wurde die Region als unkontrollierbar und gewalttätig dargestellt, und den Somali wurden regelmäßig „Banditentum“ und weitere Vergehen vorgeworfen. Der Ausnahmezustand wurde 1991 aufgehoben, doch blieb die Sicherheitslage in der Region prekär.

Unsere Route führte von Nairobi nördlich um den Mount Kenia, dann nach Westen in den Kakamega-Forest, wieder südlich ins Gebiet des Massai Mara NP zurück nach Nairobi, dann an die südliche Grenzregion des Amboseli NP, weiter nach Mombasa an die Küste und mit der nostalgischen Eisenbahn wieder nach Nairobi zurück

Tag 1, Montag 7. März 1994

Wir sind zu fünft auf die Reise gestartet, Silke, Antje, Susi, Volkmar und ich. Unser Flug startete in Berlin Tegel und ging über Athen mit Übernachtung, am Montagmorgen ging es dann Nonstop nach Nairobi. Wir kamen mit unterschiedlichen Fliegern und trafen uns am Flughafen in Nairobi gegen 15 Uhr. Bis auf Volkmar hatten wir alle eine Fahrerlaubnis/PKW-Führerschein und hatten uns einen internationalen Führerschein ausstellen lassen. Der Plan war, uns vor Ort einen Mietwagen zu besorgen. Allradtauglich sollte er sein. Die Fahrzeugmiete hat auch super geklappt, die erste Fahrt nach Nairobi ins Zentrum konnte beginnen. Nairobi war in den neunziger Jahren eine der gefährlichsten Städte des Kontinents, aber das wussten wir damals nicht. Am ersten Abend hatten wir eine total abgewrackte Unterkunft auf dem Campingplatz von Mama Roche‘s, in welcher (fast) alle Ostafrikareisenden kurz oder lang abstiegen. Die Dusche war in einem Holzverschlag über den Hof, innen schwarz von Schimmel, zwei Nägel zum Aufhängen der Klamotten an der Bretterwand. Es funktionierte für uns nur, weil immer eine von uns draußen vor der Tür stand und die benötigten Sachen zureichte. Ich wollte auf keinen Fall etwas berühren. Da es sich auf der Veranda dann doch recht gemütlich sitzen ließ, haben wir dann gleich noch eine Flasche Whisky geleert, uns Zigaretten gedreht und die Seele baumeln lassen. Die Nacht verbrachten wir dann mit unseren Schlafsäcken auf der Veranda.

Antje, Silke, Susi, Volkmar, Heike (ich)
Übernachtung bei Mama Roche‘s auf dem Campingplatz in Nairobi, wo viele Ostafrikareisenden Station machten

Tag 2, Dienstag 8. März 1994

Sonnenstrahlen kitzeln im Gesicht. Vogellärm weckt uns. War das eine anstrengende Nacht gewesen, gegen Mitternacht hatte es einen Mordslärm gegeben und viel Hundegebell. Ein räudiger Straßenköter gesellte sich zu uns auf die Terrasse, wo wir eng nebeneinander in unsere Schlafsäcke gehüllt lagen. Er ließ sich nicht verjagen und so blieb er dann einfach neben uns liegen. Am Morgen nach dem Duschen und Sachen packen ging es los mit unserem allradgetriebenem Suzuki. Ich musste mich das erste Mal in meinem Leben auf Linksverkehr einstellen. Und das bei diesen chaotischen Verkehrsverhältnissen, eine absolute Herausforderung. Wir hatten ja noch nichts gefrühstückt, also sind wir erstmal im „SAFARI“-Hotel zum Frühstück eingekehrt. Danach fuhren wir weiter über Thika und Embu nach Meru. Gegen Abend machten wir dann Rast in der „FOREST“-Lodge in beschaulicher Lage, mit Swimmingpool, Bar und einem supernetten Herbergsvater. Dieser erzählte uns von den Unruhen in den nördlichen und östlichen Nachbarländern Äthiopien und Somalia und davon, dass in den nordöstlichen Gebieten bewaffnete Banden der Somalis umherstreifen und Autos anhalten und ausrauben. Der Bürgerkrieg in Somalia brachte Armut und Gewalt mit sich. Ein wenig verunsichert, nahmen wir uns vor, diese Gegenden zu meiden. Unsere geplante Route sollte auch eher Richtung Westen und Süden bis an die Küste Kenias führen.

Bürgerkrieg in Somalia: Die Gesellschaft der Somali ist in Clans gegliedert, die weiter in Unterclans und weitere Abzweigungen aus diesen gegliedert sind. Zwischen den Clans kam es seit jeher immer wieder zu Konflikten um knappes Wasser und Land und zu Blutfehden aufgrund von Verbrechen. Die Kampfhandlungen und Plünderungen führten zu einer Verschlechterung der Versorgungslage bis hin zur Hungersnot im Süden Somalias, die schätzungsweise 300.000 bis 500.000 Menschen das Leben kostete. Somalia zerfiel in umkämpfte Machtbereiche von Clans und Warlords und deren Milizen. So wird auch 1991 vielfach als Jahr des Kriegsbeginns angegeben. Clan-Milizen und kriminelle Banden hatten sich zunehmend der Kontrolle der Clanführer entzogen und hätten sich kaum von Plünderungen abhalten lassen, was durch die leichte Verfügbarkeit von Waffen noch verschärft wurde.

Tag 3, Mittwoch 9. März 1994

Heute wollen wir unseren ersten Nationalpark besuchen. Aber bis dahin gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Unglücklicherweise ist uns der Keilriemen gerissen. Nachdem dieser endlich repariert war, sprang der Anlasser nicht an, kein Batteriekontakt. Letztendlich erreichten wir nach 10 km Schotterpiste gegen 16 Uhr endlich den Eingang des Aberdares- Nationalparks und da traf uns der Schock. Als Eintrittsgebühr werden 20 US-Dollar pro Person verlangt. Und dabei wollten wir nur durchfahren und auf der anderen Seite campen. Nach längerer Beratung entschlossen wir uns zur Umkehr nach Nyeri, um uns dort eine Unterkunft zu suchen.

Durch die Ortschaft Nanyuki verläuft der Äquator
Keilriemen gerissen

Tag 4, Donnerstag 10. März 1994

Die Fahrt von Nyeri am Mittag zu den Tompsons Falls ging schnell und problemlos. Bei den Falls fanden wir einen sehr schönen Campingplatz, trotzdem zogen wir es vor, in der Lodge zu nächtigen. Antje und Volkmar fuhren nochmal in den Ort auf den Markt, um Potatoes für das abendliche Lagerfeuer zu besorgen. Wir anderen Drei, Susi, Silke und ich gingen zum Felsenrand, um uns die Fälle genauer anzusehen. Ehe wir uns versahen, kam der Ansturm der lokalen Bevölkerung auf uns zu. Sie wollten alles Mögliche verkaufen und es war wirklich anstrengend, die laut schreienden und gestikulierenden Frauen wieder loszuwerden. Nur mit vielen Versprechungen und kleinen Geschenken ist es uns gelungen. Den Abend ließen wir am Lagerfeuer mit den gebackenen Kartoffeln ausklingen.

Tag 5, Freitag 11. März 1994

Am Morgen bekamen wir ein herzhaftes Frühstück im Garten serviert. Dann wanderten wir runter in die Schlucht, in welche die Wassermassen der Falls stürzen. Dort war es super idyllisch, aber der Weg war viel zu kurz, um sich wirklich körperlich anstrengen zu müssen. Wieder oben angelangt, aalten wir uns den Rest des Tages auf der Wiese mit einem Buch. An diesem Abend war unser abendliches Lagerfeuer besser vorbereitet – mit Obstsalat und Grillplatte. Ein leichter Durchfall macht sich bei einigen bemerkbar.

Tag 6, Sonnabend 12. März 1994

Unser heutiges Ziel ist der Nakuru-Nationalpark, den wir gegen 15 Uhr erreichen. Und auch hier schockieren uns die Eintrittspreise. Wie auch im Aberdares-Nationalpark wollen die Ranger hier pro Person 20 US-Dollar Eintrittsgebühr. Puh, wir haben doch als Studenten oder Studienabsolventen nach der Wiedervereinigung und Währungsreform zur DM noch gar keine Ersparnisse, 20 US-Dollar sind auch für uns sehr viel Geld. Zu guter Letzt konnten wie doch noch ein wenig handeln und die Ranger davon überzeugen, dass wir alle noch Studenten sind und kamen so zum halben Preis in den Nationalpark. Während der anschließenden Park-Safari sahen wir dann unsere ersten Tiere, Wasserböcke, Gazellen, Warzenschweine und Rotschildgiraffen. Die Fahrt zum Campingplatz im Park war recht abenteuerlich und staubig, aber wir haben es dann doch noch vor dem Dunkelwerden geschafft. Der Campingplatz spottete jeder Beschreibung. Es war einfach ein Stück Wiese, ohne den geringsten Tropfen Wasser. Und wir waren vollgestaubt bis in alle Poren. Aber uns blieb nichts weiter übrig, es wurde dunkel und wir waren hungrig. Also entzündeten wir schnell unser Lagerfeuer und zogen uns später in unsere Zelte zurück.

Tag 7, Sonntag 13. März 1994

In der Nacht hörten wir die Laute der wilden Tiere um unsere Zelte herum, freiwillig wollte keiner da raus, wir waren quasi mitten im Dschungel. Naja, ein einsamer Campingplatz mit uns als einzigen Gästen irgendwo im Nakuru-Nationalpark. Am nächsten Morgen weckten uns die Affen, was für ein Bild. Es sah aus, als würden sie geschlossen zur Arbeit gehen, alle in einer Reihe. Nach kurzem Frühstück ging unsere Fahrt auf der anderen Seite des Nakuru-See am Pelican-Corner vorbei. Aber leider war weit und breit nichts von Pelikanen zu sehen. Als wir den Park verließen, besuchten wir noch den Menengai-Krater, ehe wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft begaben. Endlich gab es wieder eine Dusche, was für ein Luxus.

Der Menengai-Krater ist mit 2278 m der sechstgrößte Vulkankrater der Welt. Er befindet sich in Kenia in der Nähe von Nakuru. Vom Kraterrand, der zu Fuß erreicht werden kann, stürzt der Abhang fast 500 m tief bis zum unübersichtlichen Kraterboden, einem heutigen Naturreservat, hinab.

Tag 8, Montag 14. März 1994

Als ich heute Morgen unter meinem Moskitonetz erwachte, dachte ich über die bereits vergangene Woche nach. Natürlich drängte sich da ein Vergleich mit meiner Indienreise vor zweieinhalb Jahren auf. Armut und Hunger sind in beiden Gebieten vorherrschend. In Indien sind Kastensystem und Unberührbarkeit die größten Probleme. In beiden, Afrika und Indien, zudem auch die Gewalt gegen Frauen, Perspektivlosigkeit, mangelnde Bildungschancen und fehlende Arbeitsplätze, Dürren und Missernten, Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen, Korruption und Bevölkerungsexplosion, bewaffnete Konflikte. Trotzdem gibt es einen eklatanten Unterschied. Während in Afrika Millionen von Menschen nicht nur wegen kriegerischer Konflikte, sondern wegen wirtschaftlicher Not auf der Flucht nach Europa sind, beschränken sich die Bewegungen in Indien im Wesentlichen auf die Flucht vom Land in Großstädte des eigenen Landes, welche ein besseres Leben versprechen. Außerdem, die technologische und industrielle Entwicklung ist in Indien deutlich weiter als in den Ländern Afrikas. Und obwohl dies so ist, gibt es in Indien wie auch in nahezu allen afrikanischen Ländern ein Nebeneinander von Wohlstand und bitterer Armut.

Nach dem Frühstück in Nakuru machen wir uns auf den Weg zum Bogoria-See. Das war eine richtig abenteuerliche Strecke, zu deren Bewältigung wir unseren starken Geländewagen nötig hatten. Streckenweise mussten drei von uns aussteigen und nebenherlaufen, damit der Wagen über Schottersteine und ausgetrocknete Flussdurchläufe durchkam. Im Nachhinein wundere ich mich immer noch, dass wir keine Reifenpanne oder einen Achsenbruch hatten. Und die Fahrt hat sich gelohnt. Wir sahen hunderttausende weißer und rosafarbener Flamingos, die das ganze Ufer rings um den See säumten. Außerdem sahen wir Steinböcke und Paviane. Antje will sogar einen Leoparden gesehen haben, was ich allerdings bezweifle. Die heißen Quellen waren kaum erwähnenswert. Es scheint, als hätte heute die Regenzeit nach dem Hochsommer begonnen. Wir haben den ersten größeren Regenguss erlebt. Leider war ich von uns fünfen die Einzige, welche gern auf dem idyllischen Fig Tree Campsite geblieben wäre. Vielleicht fürchten sich die anderen nachts doch mehr als gedacht vor den Tieren? Bei unserer abendlichen Suche nach einer geeigneten Unterkunft kam es zu einem lauten Wortwechsel zwischen Silke und Volkmar. Silke, Antje und Susi gefiel die Unterkunft nicht, sie hatten bei den Einheimischen ein ungutes Gefühl. Volkmar regte sich darüber auf, warum wir Frauen jedes Mal vor einer Begegnung mit den Einheimischen zurückschrecken, wo wir doch vorgeben, Land und Leute kennenlernen zu wollen. Ich musste ihm innerlich recht geben, obwohl ich sicherlich auch nicht den Mut aufbringen würde, in einschlägige Absteigen zu gehen. Auch ich würde mein Bauchgefühl nicht ignorieren wollen. Während dieser Diskussion waren wir schon am Bogoria-See angekommen und es ergab letztendlich doch noch eine ganz passable Unterkunft. Gut ist, mein Durchfall klingt langsam ab und ich habe kein Fieber.

Der Bogoriasee ist ein stark alkalischer Natronsee im östlichen Arm des Ostafrikanischen Grabens. Die Wassertemperatur beträgt stellenweise bis zu 70 °C. Der See ist bekannt durch seinen Vogelreichtum, insbesondere Flamingos, Seeadler und Pelikane.

Tag 9, Dienstag 15. März 1994

Gestern Abend hatten wir beim Abendessen schon eine Bootstour zu den Hippos verabredet. Deshalb hievten wir uns heute früh noch vor Sonnenaufgang aus den Federn. Der Sonnenaufgang war superschön. Danach gingen wir zum Strand und ein Resident fuhr uns mit seinem Kanu zu den Hippos im Bogoria-See. Wir hielten genügend Abstand, dass wir zu keiner Zeit Angst haben mussten, dass die Hippos uns angreifen würden. Was für ein wunderbares Erlebnis auf dem See. Nach dem folgenden Frühstück fuhren wir dann los Richtung Kakamega-Forest.  Der Kakamega-Regenwald ist ein Regenwald im Westen Kenias, um den Ort Kakamega. Er ist der östlichste Zipfel des äquatorialen Regenwaldes und der einzige tropische (Tiefland-)Regenwald in Kenia. Zwischendurch mussten wir Reifen wechseln. Die Reifenreparatur ließen wir in einer Autowerkstatt in Eldoret machen. Dadurch haben wir uns zeitlich verplant, denn wir kamen erst nachts im Kakamega-Town an.

Tag 10, Mittwoch 16. März 1994

Als es Tag wurde, war dann die Straße zum Kakamega-Forest doch zu finden, nachdem wir am Vorabend vergeblich danach gesucht hatten. Für 2 Stunden hatten wir einen Wanderführer durch den Wald angeheuert, da es hier besonders viele Giftschlangen geben soll. Er erklärte uns auch die Namen der Affen, Käfer, Insekten und wichtigsten Pflanzen. Am Ende der Wanderung lud er uns in sein Haus ein und zeigte uns voller Stolz seine Käfersammlung und präparierten Schmetterlinge. In Ermangelung von Schaukästen hatte er die Schmetterlinge in Papier gelegt und die Käfer in Kisten. In der Dorfkneipe gab es für uns ein hervorragendes Mittagessen mit Unterhaltung von englischen Geschichten und Erläuterung der politischen Situation. Ob das wohl möglich ist? Die politische Situation kann sich doch in den Ländern Afrikas über Nacht ändern. Am Nachmittag fuhren wir über Kakamega zurück nach Kisumu am Victoria-Lake. Auf der Campsite südlich der Stadt hatten wir herrliche Zimmer mit Blick über den See. Ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch rundete den Tag ab.

Tag 11+12, Donnerstag und Freitag 17.+18. März 1994

Der Donnerstag sollte ein Tag zum Faulenzen und Ausruhen werden, allerdings verging er dann sehr schnell mit Besorgungen, dem Besuch des einheimischen Gemüsemarkts, Geldtausch und Baden im Swimmingpool. Nachts erlebten wir ein stürmisches Gewitter, der Himmel öffnete seine Schleusen. Am Freitagmorgen mussten wir dann früh aufbrechen in Richtung Massai Mara Nationalpark. Die Fahrt dorthin war absolut anstrengend, ein Großteil der Strecke auf unbefestigten Wegen. Zum Schluss sind wir nur noch durch den Schlamm geschlenkert, die Steppe war durch den vielen Regen stark aufgeweicht. Von den Felsklippen hinunter ins Tal ging es über einen steinigen Schotterweg, der nur mit größter Mühe und auch nur mit einem Geländewagen zu befahren war. Kurz vor dem Dunkelwerden erreichten wir das erste Camp. Leider waren hier keine Zimmer mehr frei. So mussten wir in der Dunkelheit den 7 km langen Weg zum nächsten Camp zurücklegen. Und dann haute es uns aus den Schuhen, sollte doch ein Doppelzimmer wahrhaftig 140 US-Dollar kosten. Das war für uns absolut undiskutabel. Kurz und gut, es kam zum Streit mit dem Hotelmanager. Später kam ein Mitarbeiter vom benachbarten Camp und brachte uns zu den Rangern am Gate, wo wir für 3000 Kenianische Schilling (ungefähr 75 Deutsche Mark im Jahr 1994) in einem leeren Raum mit Matratzen auf dem Fußboden übernachteten. Wir legten unsere Schlafsäcke nebeneinander und hatten so in der Enge des Raumes alle Platz.

Tag 13+14, Sonnabend+Sonntag 19.+20. März 1994

Nach dem Frühstück im lokalen Restaurant fuhren wir wieder auf die Piste vom Vortag, durch den gesamten Nationalpark. Was wir da alles zu sehen bekamen. Und eine endlose Weite, wenn auch teilweise sehr schlammig. An Tieren sahen wir die üblichen, Elefanten, Giraffen, Antilopen, Gazellen, Warzenschweine, Hyänen, Löwen, Wasserbüffel, Gnuhs, Straußen, Reiher und noch sehr viele andere Vögel. Wir fuhren bis Narok und suchten uns diesmal rechtzeitig vor dem Dunkelwerden eine Unterkunft. Am folgenden Sonntag dann sind wir den ganzen Tag gefahren, erst über Nairobi, dann südlich zum Amboseli Nationalpark. Übernachtet haben wir in Sultan Hamud im Savannah House.

Tag 15, Montag 21. März 1994

Heute geht es zuerst die 20 km zurück nach Emali, welche wir gestern zu weit gefahren sind. Danach erwarten uns 60 km Schotterstrasse in südwestlicher Richtung Amboseli Nationalpark. Auf dieser können wir nur mit 60 km/h fahren. Kurz vor dem Parkeingang musste ich mich im Auto verstecken, damit wir nur für 4 Personen den Parkeintritt bezahlen mussten.  Bei den geltenden Eintrittspreisen von 20 $ pro Person in die Nationalparks ist das für uns bitter nötig und wir haben es gleich nach dem ersten Erlebnis gelernt. Noch gehören wir nicht zum gutverdienenden Klientel, welches diese Safaris bucht und bei denen die hohen Übernachtungspreise keine Erwähnung finden. In Ol Tukai mieten wir zwei Holzhütten für 1500 Kenianische Schilling, umgerechnet 45 DM und losen die Übernachtungsplätze aus. Nach einem kurzen, stürmischen Regenguss machen wir eine Fahrt zum Viewpoint, sehen aber sehr wenig Tiere. Nach einem kurzen Aufenthalt bei den Flamingos fahren wir weiter und mitten im nirgendwo kollidieren wir mit einem Rangerauto.  Wir waren selbst schuld. Haben mitten auf offener Strecke angehalten und uns im Auto gestritten, ohne zu merken, dass sich das Rangerauto von hinten näherte. Als plötzlich Volkmar die hintere Tür zur Sandpiste öffnete, fuhr das Rangerauto direkt in unsere linke Seitentür. Wir mussten natürlich für die Autovermietstation einen Unfallreport ausfüllen. Die Begleichung des Schadens wird über die hinterlegte Kaution verrechnet.

Tag 16, Dienstag 22. März 1994

Beim Erwachen haben wir einen herrlichen Blick auf den Kilimandscharo, nur eine kleine Wolke ist zu sehen. Danach gibt es ein ausgiebiges Frühstück mit Bratkartoffeln und schon starten wir wieder über die Schotterpiste zurück, diesmal mit 90 km/h. Danach fahren wir Autobahn bis Mombasa, direkt durch den Tsavo-Nationalpark. Nicht nur im Auto war den ganzen Tag glühende Hitze. In Mombasa kamen wir genau zur Rush-Hour an. Aber ohne uns zu verfahren, gelangten wir zur Likony Ferry und dann bei Einbruch der Dunkelheit in der Twiga-Lodge bei TIWI Beach an. Und die Übernachtung hier direkt am Palmenstrand war sehr erschwinglich mit 6 DM/Person. Nach dem Abendessen machten wir noch einen kurzen Trip an den Strand bei Flut.

Tag 17, Mittwoch 23. März 1994

Am nächsten Morgen wollte ich mich in die Fluten stürzen, aber zu meinem Leidwesen war totale Ebbe. Also entschlossen wir uns, gleich nach dem Frühstück zum Bahnhof nach Mombasa reinzufahren. Wir wollen Bahntickets kaufen für uns beide, Volkmar und mich, weil wir beide früher nach Deutschland zurückmüssen, als die anderen drei Mädels.  Bei dieser Gelegenheit lernen wir Matthias und Thomas kennen, zwei Dresdner Medizinstudenten, deren Bekanntschaft uns in naher Zukunft noch helfen sollte. Für alle war es ein angenehmer Tag auf der Dachterrasse des Splendid, der Weinkauf, die Rückfahrt zur Twiga-Lodge, der Obstsalat, das Abendessen und der Ausklang am Strand. Und ja, es gab die Gelegenheit, Marihuana zu probieren.

Tag 18, Donnerstag 24. März 1994

Heute gingen wir schnorcheln, ein kleiner Ausflug in die Unterwasserwelt. Der Preis dafür war ein fürchterlicher Sonnenbrand auf Rücken und Waden, aber trotzdem hat es riesig Spaß gemacht. Nach dem anschließenden Baden im Swimmingpool wurden die Rücksäcke gepackt, zu Abend gegessen und die drei Mädels haben Volkmar und mich zum Bahnhof gefahren. Wir hatten Fahrkarten für den Mombasa-Express, die Eiserne Schlange, wie sie schon vor der Zeit von Karen Blixens Roman „Jenseits von Afrika“ genannt wurde. Dienstags, donnerstags und sonntags gegen 19 Uhr startet hier am Bahnhof in Mombasa der Personenzug nach Nairobi. Montags, mittwochs und freitags dann in die entgegengesetzte Richtung. 530 km Strecke wollen bewältigt sein. 12 Stunden Zugfahrt mit Übernachtung im Schlafwagen der 1. Klasse lässt uns am Morgen in Nairobi gut ausgeruht sein. Vom Bahnhof in Nairobi fahren wir direkt zum Flughafen und warten auf unseren Flieger nach Deutschland. Dass wir hier noch eine regelrechte Odyssee erleben, konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Als es nachmittags an der Zeit war, einzuchecken, wurde uns mitgeteilt, dass der Flieger überbucht sei und uns nicht mitnehmen könnte. Was konnten wir tun? Der nächste Flieger dieser Fluglinie würde erst in drei Tagen gehen. Unsere Nachfrage in den am Flughafen ansässigen Reisebüros ergab, dass wir für eine andere Fluggesellschaft ein neues Flugticket für 800 DM für den Folgetag buchen könnten. Nicht optimal und zu teuer für uns. Als wir total aufgelöst und ratlos waren, trafen wir die beiden Medizinstudenten Matthias und Thomas wieder, mit denen wir am Vortag Freundschaft geschlossen hatten. Sie gaben uns den Tipp, noch einmal zum Checkin-Schalter zu gehen und jeweils in unseren Pass einen 20 Dollar-Schein reinzulegen. Nein, nicht zur Bestechung, nur als kleines Dankschön. Gesagt, getan. Und es funktionierte. Der Schalterbeamte nahm das Geld, schaute kurz in seinen Computer und meinte auf Englisch, das Flugzeug wäre zwar überbucht, aber man könne noch zwei Notsitze freimachen. Wir konnten unser Gepäck einchecken, bekamen die Unterlagen und konnten ohne weiteren Aufenthalt zum Gate durchgehen.  Alle anderen Passagiere saßen schon im Flugzeug. Wir bekamen zwei Gangplätze in der letzten Reihe. Erst jetzt fiel aller Stress von uns ab. Wir bemerkten, dass hinter unseren Sitzen die alkoholischen Getränke gelagert waren. Damals waren alkoholische Getränke im Flugzeug noch inklusive, also bestellten wir uns gleich einen Whisky und dann noch einen zweiten. Wie wunderbar, dass der restliche Flug mit Zwischenlandung in Athen problemlos verlief und wir wohlbehalten in Deutschland ankamen.